Am 18.11.2016 rief Daniel Fischer in der NAA-Mailingliste zur Beobachtung eines Microlensing-Ereignisses auf. Am Sonntagabend,
den 20.11.2016 sollte im Sternbild Schwan ein Gravitationslinsenereignis stattfinden. Genauere Informationen dazu sind im
Artikel Microlensing im Schwan: Astrophysik Live!
zu finden.
Auch die AAVSO rief zur Beobachtung auf, siehe AAVSO alert notice 552.
20.11.2016 19:20 Uhr MEZ, 14" ACF Teleskop auf Taurus GM-60, Moravian G2-8300FW, 3x3 Binning, Astronomik L-Filter, 34x10s belichtet
Der Zielstern UCAC4 601-089725 ist im Bild markiert, dieser sollte einen Helligkeitsanstieg von ca. 1 mag zeigen
Position des Sterns UCAC4 601-089725: RA 19h 40m 01.13s DE +30° 07' 53.4" im Sternbild Schwan (nahe Phi Cygni, SAO 68637).
Ich nahm am 14" ACF-Teleskop von 18:53 bis 21:46 Uhr MEZ mit der Moravian G2-8300FW-Kamera bei 10 s Belichtungszeit mit
Astronomik L-Filter in 3x3 Binning insgesamt 630 Bilder auf. Zwischendurch gab es kurze Unterbrechungen, um nachzufokussieren.
Die Auswertung erfolgte am 22.11.2016 mit Regim
zur Kalibrierung der Aufnahmen (Dark-, Flat-Korrektur) und zur Registrierung. Zur automatisierten Bestimmung der
Helligkeit kam IRIS zum Einsatz. Die Diagramme habe ich mit
Gnuplot erstellt.
Der Zielstern (V) ist rot umkreist, die verwendeten Referenzsterne sind numeriert. Dabei ist Stern 1 der offizielle Referenzstern
UCAC4 601-089811 lt. AAVSO, in den nachfolgenden Diagrammen ist dieser mit C bezeichnet.
Stern | UCAC4 | V-Helligkeit | Farbindex B-V | Farbe |
Ziel (=V) | 601-089725 | 15,57 | 1,86 | rot-orange |
1 (=C) | 601-089811 | 14,479 | 1,262 | orange |
2 | 601-089761 | 14,18 | 1,326 | orange |
3 | 601-089698 | 13,522 | 0,606 | bläulich-weiß |
Tabelle mit den Eigenschaften des Zielsterns und der Referenzsterne
Der erhoffte deutliche Helligkeitsanstieg konnte nicht beobachtet werden. In den Daten zeigt sich lediglich ein sehr geringer Helligkeitsanstieg von ca. 0.05 mag.
Plot der Helligkeitsdifferenz V-C (Zielstern minus Referenzstern 1) zusammen mit einer linearen Fit-Kurve.
In den knapp drei Stunden Messzeit ist ein Anstieg der Helligkeit des Zielsterns im Mittel von etwa 0,05 mag zu sehen.
Achtung: Da die Helligkeitsdifferenz negativ ist, wurde die y-Achse umgekehrt. Dadurch ist die größere Differenz, wie gewohnt, oben.
Bleibt die Helligkeit des Referenzsterns (C) während der Messzeit wirklich konstant? Zur Überprüfung habe ich die
Helligkeitdifferenzen der Referenzsterne untereinander ausgewertet.
Plot der Helligkeitsdifferenz C-2 (Referenzstern 1 minus Referenzstern 2) zusammen mit einer linearen Fit-Kurve.
In der Messzeit nimmt die Helligkeitsdifferenz im Mittel um ca. 0,02 mag zu.
Plot der Helligkeitsdifferenz C-3 (Referenzstern 1 minus Referenzstern 3) zusammen mit einer linearen Fit-Kurve.
In der Messzeit nimmt die Helligkeitsdifferenz im Mittel um ca. 0,01 mag ab.
Plot der Helligkeitsdifferenz 2-3 (Referenzstern 2 minus Referenzstern 3) zusammen mit einer linearen Fit-Kurve.
In der Messzeit nimmt die Helligkeitsdifferenz im Mittel um ca. 0,03 mag ab.
Die geringfügigen Abweichungen sind wahrscheinlich in der atmosphärischen Extinktion begründet. Da die Referenzsterne unterschiedliche
Farbindizes haben, ist ihr Helligkeistabfall in Richtung Horizont verschieden stark. Ein blauer Stern wird bei zunehmender
Zenitdistanz stärker abgeschwächt als ein roter Stern.
Das Sternbild Schwan, genauer die Zielposition, stand zu Aufnahmebeginn 52,1° hoch, am Aufnahmeende nur noch in 23,6° Höhe
über dem Horizont.
Konkretes Beispiel: Stern 2 ist mit V=14,18 mag dunkler als Stern 3 mit V=13,52 mag. Die Helligkeitsdifferenz ist positiv und beträgt
anfangs im Mittel ca. 0,65 mag, am Ende ca. 0,62 mag. D.h. Stern 2 ist heller geworden (unwahrscheinlich) oder Stern 3 ist dunkler geworden. Letzteres
passt zur atmosphärischen Extinktion, da Stern 3 bläulich-weiß ist gegenüber Stern 2 mit orangener Farbe.
Kann der gemessene Helligkeitsanstieg des Zielsterns durch die atmosphärische Extinktion allein erklärt werden?
Der Zielstern und der Referenzstern 1 haben einen kleineren Farbunterschied als die Sterne 2 und 3, d.h. die Helligkeitsdifferenz im Plot V-C
dürfte ohne Microlensing-Ereignis nicht größer sein als im Plot 2-3. Zudem müsste sich die Helligkeitsdifferenz
verkleinern, also wie in Plot 2-3 abfallen.
Die Helligkeitszunahme des Zielsterns ist real!
[ Stand: 24.11.2016 | Gregor Krannich
| Gregors Astronomieseite ]